Von den Mühlen

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Von den Mühlen

Ich fasse hier einiges zusammen aus dem gleichnamigen Kapitel in Jägers Chronik.

Bevor die Industrie ihren groβen Aufschwung nahm und im oberen Neiβetale so viel Fabriken entstanden, hatte hier wie allenthalben das Müllergewerbe unter den dörflichen Beschäftigungen einen bevorzugten Rang.

"Ein rechter Müller muβ zugleich sein: Schuster, Schneider, Riemer, Sattler, Tischler, Steinmetz und noch vieles andere", war eine den Lehrlingen oft wiederholte Handwerksregel. Jäger meint, daβ es unter den Müllern nicht selten mechanische Tausendkünstler gab, welche sich mit Anfertigung künstlicher Uhrwerke, Orgelwerke, feiner Möbel, Drechslerarbeiten usw. beschäftigten. Er hielt sie auch für bildungsbeflissene Büchersammler, den Ideen der Neuzeit aufgeschlossen und in der Mehrzahl für den Fortschritt eingenommen. Er hatte damit wohl auch sich selbst im Auge. In der Tat sind ja auch viele Fabriken aus ehemaligen Mühlen entstanden, die Wasserkraft als Energie nutzend. Damals bestand der sog. Mühlzwang; d.h. die Bauern einer Herrschaft durften bei Strafe nur in der der Herrschaft eigenen Zinsmühle mahlen lassen. Der Ertrag dieser Mühlen floβ nämlich zum groβen Teile in die herrschaftlichen Kassen, denn ärger noch als die Bauern durch die Robot, waren viele Müller durch übermäβige Zinsleistungen an die Herrschaft gedrückt. Diese hatten sich in der Regel, wie die Anlage von Brauereien und Brennereien, auch die Errichtung von Mühlen als einträgliches Recht angemaβt. Viele Mühlen wurden von der Herrschaft eigens erbaut und in Pacht gegeben. Wollte ein Privatmann selber eine Mühle bauen, so wurde ihm das von der Herrschaft auch nur gegen Abgabe eines mehr oder minder hohen jährlichen Zinses erlaubt. Aus dieser Zeit gibt es ein Sprichwort: Die groβen Herren nehmen mit Scheffeln und geben mit Löffeln. Nach 1848 konnten die Müller ihre Lasten ablösen.

In unserem Neiβetale gab es eine Besonderheit. Da die Neiβe ja Herrschaftsgrenze zwischen Reichenberg und Aicha war, und die Bauern mit ihrem Mahlgetreide die Grenze nicht überschreiten durften, entstanden immer zwei Mühlen gegenüber; so in Maffersdorf A.S. die Mühle Nr.134/534, die sog. Dount- oder Gürtlermühle, die älteste Mühle im Tal, und gegenüber in Maffersdorf R.S. die Mühle Nr.78, von der ein Hans Georg Wehl um 1740 als Eigentümer genannt wurde, der sie am 1.2.1748 Schulden halber an Hans Friedrich Kaulfersch verkaufte . Um 1753 wird in Proschwitz Nr.47 von eben diesem Müller aus Maffersdorf eine neue Mühle erbaut. Da das die Neuwalder, Untertanen der Herrschaft Aicha, hätte leicht in Versuchung führen können, ihr Getreide dort mahlen zu lassen, "säumte der Amtsdirektor Krumpholz nicht, solch frevelhaftem Beginnen bei Zeiten vorzubeugen". Für Neuwald wurde ein Müller gesucht und in Ferdinand Scheler aus Josefstal gefunden. Das war die Mühle, die später A. Jäger gehörte.

Der zu zahlende Zins war von Herrschaft zu Herrschaft verschieden. Während deshalb die beiden mäβig besteuerten Mühlen Aicher-Seits in der Regel in den Familien forterbten, wurden die gegenüberliegenden Zinsmühlen öfters an Fremde verkauft und wieder verkauft, weil selten ein Eigentümer sich lange darin halten konnte. Die beiden Mühlen in Proschwitz und Neuwald, "abseitig im schmalen, schlecht zugänglichen Gebirgstale gelegen", konnten ihren Besitzern nur ein kärgliches Auskommen gewähren.


Brand der "Elstnermühle" - obere Spinnerei der Firma Ginzkey - 
am 20. Februar 1907 zwischen 3 und 4 Uhr früh

 

Copyright © by Inge Schwarz 1994 (Heimatstelle Maffersdorf) 

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MAFFERSDORF - Marktgemeinde im Landkreis Reichenberg - SUDETENLAND