|   PRO.
                  DR. DR. ROLAND BULIRSCH( * 1932 )
 Er
                  kann Sie vom Mond herunterholen
   Die
                  aufgestellte Behauptung ist wahr. Ich weiβ
                  das aus einem Brief von seinem ehemaligen Lehrer aus der
                  Maffersdorfer Schule, von Herrn Berthold Appelt. Er schrieb
                  mir: "... Für uns Maffersdorfer will ich etwas
                  anführen, um unseren Lokalpatriotismus ein wenig zu
                  ermutigen. Als das Apollo-Raumprojekt zur Landung von Menschen
                  auf dem Mond in Houston in Amerika gestartet wurde, muβten
                  verschiedene Teams die 380.000 km lange Bahn berechnen,
                  Raketen und Kapseln konstruieren und die Bedingungen der
                  Weltraumfahrt bis ins kleinste Detail vorausprojektieren.
                  Unter ihnen war auch der Maffersdorfer R. Bulirsch, der an den
                  Berechnungen des Flugweges zurück zur Erde beteiligt war. Daβ
                  die Kapsel beim Eintritt in die Erdatmosphäre nicht
                  verglühte und fast auf den Meter genau im vorgesehenen
                  Zielgebiet mitten in der Weite des Ozeans landete, daβ
                  also die Astronauten wohlbehalten von der ersten Mondfahrt der
                  Weltgeschichte
                  heimkehrten, war mit ein Verdienst unseres Professors
                  ..." Daβ
                  Roland Bulirsch aus Neurode so ein berühmter Professor
                  geworden ist, daran hat Herr Appelt wiederum ein wenig Anteil,
                  so verstehe ich nämlich den Satz von dem Licht im Brief von
                  Herrn Bulirsch. Weil ich selber Lehrerin war, freut mich
                  natürlich die Tatsache, daβ ein guter Pädagoge in einem
                  Jahr so viel bewegen kann. Was er bewegte, kann man aus dem
                  gekürzten Lebenslauf ersehen, den ich hier wiedergeben will.
                  Wer zwischen den Zeilen lesen kann, wird sehr schnell
                  erfahren, wie hart erkämpft der Erfolg war, aber auch, daβ
                  man stolz auf ein so erfolgreiches Leben sein kann, ohne
                  eingebildet zu werden. Roland
                  Bulirsch war 13 Jahre alt, als er mit seiner Mutter - der
                  Vater war 1936 schon gestorben - 1946 aus Maffersdorf-Neurode
                  ausgewiesen wurde und in Nördlingen in Bayern landete. Von
                  1947 -1951 lernte er in den Siemens-Schuckertwerken
                  Maschinenschlosser. 1951 legte er die Facharbeiterprüfung ab
                  und arbeitete bis 1954 in der Montage auf auswärtigen
                  Baustellen. Nebenbei bereitete er sich als Privatschüler auf
                  das Abitur vor, dessen Prüfungen er 1954 an der
                  Oberrealschule in Nördlingen erfolgreich bestand. Im Herbst
                  1954 begann er das Studium für Mathematik und Physik an der
                  Uni München und wurde 1957 in die Studienstiftung des
                  Deutschen Volkes aufgenommen. 1961 promovierte er zum Dr. rer.
                  nat. an der Fakultät für Allgemeine Wissenschaften der
                  Technischen Hochschule. Nach diesem
                  ersten gewaltigen Schritt in der Wissenschaft folgte zunächst
                  der Gang zum Traualtar mit Waltraut Wittke, und dann waren
                  sicher einige Nachtwachen am Kinderbettchen fällig für die
                  beiden kleinen Mädchen, die sich nacheinander bald
                  einstellten. Nach dem kleinen 1x1 in der Kindererziehung die
                  Hohe Mathematik: Dr. Roland Bulirsch wurde 1966 Privatdozent
                  für Mathematik an der Technischen Hochschule, 1967 die
                  Ernennung zum Hochschuldozenten. Er folgte ein Jahr später
                  dem Ruf als Professor für Mathematik an die Universität von
                  Californien in San Diego. 1969 ging er als Professor an die
                  Universität Köln. Bis 1973 war
                  Prof. Dr. Bulirsch Direktor am Mathematischen Institut der Uni
                  Köln und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für
                  Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen. Er muβte
                  ja die Leute vom Mond holen, die dort die "Schlösser,
                  die im Monde liegen", gesucht hatten. So setzte er sich
                  mit der optimalen Steuerung von Raumfahrzeugen auseinander. Er
                  ist z.B. Leiter des Forschungsprojektes "Transatmosphärische
                  Flugsysteme - Grundlagen der Aerothermodynamik, Antriebe und
                  Flugmechanik". Wenn man inzwischen so berühmt geworden
                  ist, bleibt es nicht aus, daβ man nach Bayern geholt
                  wird. Seit 1973 ist Dr. Roland Bulirsch ordentlicher Professor
                  für Höhere Mathematik und Direktor des Mathematischen
                  Institutes der Technischen Universität in München, seit 1991
                  Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, seit
                  1992 Ehrendoktor der Uni Hamburg und Projektleiter im
                  Bayerischen Forschungsverbund für
                  Technisch-Wissenschaftliches Hochleistungsrechnen, seit 1996
                  Mitglied der New Yorker Akademie der Wissenschaften. Schon
                  1990 hatte man ihn zum Mitglied der Europäischen Akademie der
                  Wissenschaften und Künste, Salzburg, gewählt ... Wenn ich jetzt
                  noch aufzählen würde, wo Prof. Dr. Dr. rer. nat. h. c.
                  Roland Bulirsch überall mitgearbeitet, was er alles
                  geschrieben hat, in welche Sprachen seine Fachbücher
                  übersetzt, wieviele Diplom- und Doktorarbeiten unter seiner
                  Leitung geschrieben worden sind, unsere Hochachtung könnte
                  auch nicht gröβer
                  werden. Eines aber will ich am Schluβ noch erwähnen:
                  Am 16. Mai 1995 hielt Prof. Dr. Dr. Roland Bulirsch auf
                  Einladung von Herrn Prof. Brzezina einen Vortrag über
                  Angewandte und Numerische Mathematik an der Technischen
                  Universität in Reichenberg, wenige Gehminuten von der Klinik
                  entfernt, in der er 1932 geboren worden war. 
 Brief vom
                  3.9.1976 Lieber und
                  sehr verehrter Herr Appelt! Sie werden
                  sich natürlich nicht an mich erinnern können: Ich war Ihr
                  Schüler und Sie leiteten damals von 1943 bis 1944 die 6.
                  Klasse der Volksschule in Maffersdorf. Noch heute habe ich
                  glückliche Erinnerungen an dieses durch Sie geprägte Jahr,
                  die einzige freundliche Erinnerung, die ich aus meiner
                  Jugendzeit habe. Ihr Unterricht hatte mich völlig verwandelt,
                  nichts war mir fortan lieber als die Schule, und - soweit mich
                  die Erinnerung nicht im Stich läβt
                  - ich war sogar Ihr bester Schüler
                  geworden. Sie hatten damals ein Licht in mir entzündet, das
                  noch über Jahrzehnte leuchten sollte. Umso gröβer
                  deshalb meine Freude, daβ ich nach so langer Zeit durch
                  einen dieser unerklärlichen
                  Zufälle Ihren Wohnsitz ausfindig machen konnte. ...   |