Fa. Gustav Schön - Technische Bürstenerzeugung

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Fa. Gustav Schön, Maffersdorf 766
Technische Bürstenerzeugung

So lautete die im Handelsregister eingetragene Anschrift der Firma am Fuβe des Schlenzberges. 

Das alte Foto von 1911 zeigt den Gründer der Firma Gustav Vinzenz Schön mit seiner Frau Berta geb. Alschner, die Tochter Berta Josefine (später verh. Buchar) und den kleinen Gustl, der das Geschäft dann vom Vater übernahm. Rechts ein Lehrbub mit einer Drahthaspel und ein Geselle mit einem Walzenteil.

Dieser Handwerksbetrieb ist auch ein Beispiel dafür, wie in einem Industrieort ein Handwerksmeister flexibel, innovativ, wendig und erfinderisch sein muβ, denn jeder Kunde stellt andere Erwartungen und Forderungen an die Bürste, um bei diesem Betrieb zu bleiben. Natürlich wurden bei Schön Bürsten für den täglichen Bedarf im Haushalt hergestellt, aber hauptsächlich war die Erzeugung auf den Bedarf von technischen Bürsten ausgerichtet. Auftraggeber waren Betriebe der Textilindustrie, Druckereien, Papiererzeuger, Hotels, Fleischereien, Bäcker, Mühlen, Verkehrsbetriebe, Bijouterien, Glashersteller, das Malerhandwerk, die chemische Industrie und sogar eine Fluggesellschaft, die Türdichtungen brauchte. Dafür wurden in Lederstreifen eingezogene Bürstenreihen verwendet, wie man sie auch als Abdichtung in Drehtüren benutzt.

Das Geschäft lief gut, und der Kundenkreis erstreckte sich bald über ganz Nordböhmen bis nach Pilsen und Prag. Das Holz für die Bürsten kam aus dem Adlergebirge. Verarbeitet wurden naturbelassenes Haar, Borsten, pflanzliche und synthetische Fasern. Das Einziehen der Bündel in die gebohrten Löcher mit Hilfe des Messing-, Kupfer- oder Eisendrahtes verschiedener Stärke war eine oft schwierige und groβe Fingerfertigkeit verlangende Arbeit. Das Herrichten der zu verwendenden Materialien war Sache des Meisters und erforderte Wissen um die Eigenschaften des Materials und neben dem handwerklichen Können ein hohes Maβ an Erfahrung.

             

Im Betrieb arbeiteten neben dem Meister und den Familienangehörigen bis zu vier Fachkräfte. Die beiden Aufnahmen von 1942 zeigen das Ehepaar Buchar an verschiedenen Maschinen. Frau Berta Buchar, die Tochter des Firmengründers, steht an der Stanzmaschine. Sie war überall zu brauchen und wohl die Stütze des Betriebes. Im Vordergrund ist eine Scheermaschine zu sehen, die das gestanzte Material auf die erforderliche Länge schnitt. Herr Buchar ist an der Drehbank zu sehen, in die eine Walze eingespannt ist. In Brusthöhe befindet sich der Scheerkopf mit 4 Messern, der von einem Elektromotor mittels eines Riemens angetrieben wird. Der Scheerapparat ist von Gustav Schön jun. und Herrn Willy Sirowatka um 1930 gebaut worden. Ein Patent besaβ die Firma für ihre "Torpedobürsten", die zur Reinigung von Rohrleitungen hergestellt wurden. Als eine Besonderheit galten die Plansichterbürsten, die man bei der Mehlerzeugung benötigte und aus sehr weichem, feinem Ziegenhaar hergestellt wurden. Eine besondere Verarbeitungsart war das Pechen. Dabei wurden die Haar- oder Faserbündel so tief in ein Pechbad getaucht, wie das Loch im Materialträger tief war, und in das Loch eingesetzt, solange das Pech am Bündel noch flüssig war. Diese Bürsten fanden im Naβbereich von Brauereien und Molkereien, bei Malern und Anstreichern und in der chemischen Industrie Verwendung. In einem Ort mit Teppichindustrie ist es nicht verwunderlich, daβ bei Schön eine Teppichkehrmaschine entwickelt worden war.

Nach 1945 hat Gustav Schön jun. im bayerischen Erding noch einmal eine Bürstenerzeugung aufgebaut. Aber der Verlust des väterlichen Betriebes und damit auch seines Lebenswerkes haben ihn schwer getroffen. Er starb 1979 im Alter von 73 Jahren im Altenheim in Töging. Seine Schwester Berta Josefine Buchar starb schon 1967 fern der Heimat in Chicago.

 

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